Vom Schlemmen im Süden – und dem “Herrgottsbscheißerle”
Baden-Württemberg ist weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt und beliebt – als „Musterländle“ der Automobilindustrie und auch als Genussregion mit einer abwechslungsreichen Natur- und Kulturlandschaft samt Schlössern. Der Bodensee, Deutschlands größtes Binnenmeer, lockt als Vierländerregion. Und auch die Küche aus Baden und Württemberg, die uns speziell auf dieser Etappe interessiert, genießt mit seinen Spätzle, Maultaschen, seinen Weinen und Käsespezialitäten internationalen Ruf. Die badische Küche gilt als leichter und französischer. Die Gastrosterne funkeln hier besonders oft. Die schwäbische Küche ist bodenständiger und deftiger.
Michael Höne, Verkaufsleiter bei Klüh Catering für die Region Baden-Württemberg, ist gebürtiger Schwabe. Schon mit 12 Jahren hat er seine ersten Maultaschen zubereitet, begann mit 16 seine Gastronomielehre, und war zunächst in der Schweiz, in Südafrika und ganz Deutschland in der Gastronomie unterwegs. Jetzt lebt und arbeitet er aus familiären Gründen wieder im “Genussländle”. Für unsere kulinarische Reise hat er zwei der wichtigsten Traditionsrezepte seiner Heimat herausgesucht: hausgemachte Spätzle und Maultaschen, die zuweilen auch als Herrgottsbscheißerle bezeichnet werden. Dazu erst später.

Michael Höne gibt zu, dass die beiden Rezepte etwas für fortgeschrittene Küchenchef*innen sind. Die Herstellung erfordert neben dem schwäbischen Küchenequipment auch einiges handwerkliches Geschick. Noch spannender sind Fragen um die „Spätzle-Philosophie“ in punkto Zutaten und Zubereitung. Das fängt bei der Wahl des „richtigen“ Mehls an. Dazu gibt es im Ländle spezielle „Mehle“, Mischungen aus Mehl und Grieß oder Weich- und Hartweizen. Die sorgen für die perfekte Steifigkeit des Teiges, mit der die Spätzle geformt und am Ende schön bissfest werden. Zur Beschaffenheit der Spätzle muss geklärt sein: schabt, reibt oder presst man? Will sagen: sollen die Spätzle dick vom Brett geschabt sein (verlangt viel Übung!)? Kurze, “knubbelige Spätzle” – korrekt Knöpfle genannt – erhält man mit der Spätzlereibe. Lange Spätzle werden durch die Spätzlepresse drückt. Die beiden letzten Varianten werden von den Schwaben als „Faule-Weiber-Spätzle“ bezeichnet. Aber das soll uns jetzt egal sein. Jetzt geht’s an den Herd:

Rezeptidee: Käsespätzle mit Zwiebelschmelze
Zutaten für 4 Personen:
- 500 g Mehl, bevorzugt Spätzlemehl (Spätzlemehl besteht aus 405 Weizenmehl und feinem Hartweizengrieß)
- 5 Eier
- 1/8 Liter Mineralwasser
- Etwas Salz
- 150 g Käse (Emmentaler)
- 100 g Bergkäse
- 50 g Käse (Weißlacker) oder Romadur
- 3 große Zwiebel
- Butter, reichlich
- Salzwasser zum Kochen der Spätzle
Benötigte zusätzliche Spätzle-Utensilien, sofern noch nicht vorhanden:
- Spätzlepresse
- Brett und Schaber für handgeschabte Spätzle – ACHTUNG: hohe Schwierigkeitsstufe für Ungeübte
- Spätzlehobel (Bei echten Schwaben eher verpönt, da hier meist keine Spätzle, sondern Knöpfle draus werden (das ist natürlich eine Einstellungssache!)
Weitere klassische Koch-Utensilien:
- Kochtopf hoch
- Küchenmaschine
- Schaumlöffel
- Auflaufform
- Käsereibe
Zubereitung:
Zwiebeln schälen und in dünne halbe Ringe schneiden oder hobeln. In reichlich Butter bei mittlerer Hitze Farbe annehmen lassen. Je nach Geschmack auch etwas dunkler werden lassen. Das Mehl in eine Schüssel sieben. Eier, Mineralwasser (für den fluffigen Teig) und eine gute Prise Salz hinzufügen. Teig traditionell mit der Hand schlagen, wahlweise mit einem Rührgerät zubereiten. Je nach Konsistenz mit Wasser oder Mehl nachhelfen. Sobald der Teig “Blasen schlägt”, ist er fertig. Zur Seite stellen und ruhen lassen.
In der Zwischenzeit den Herd, mit Auflaufform darin, auf ca. 80 °C vorwärmen. Den großen Topf mit reichlich Wasser aufsetzen und zum Simmern bringen. Den gesamten Käse reiben und vermengen. Wasser salzen.
Teig portionsweise in die Spätzlepresse oder anderes Equipment füllen. Spätzle ins siedende Wasser drücken. ACHTUNG: Spätzle sollen nicht am Topfboden festbacken. Sobald die Spätzle an der Wasseroberfläche schwimmen, noch ca. 30 Sekunden ziehen lassen. Dann mit Schaumlöffel Spätzle abschöpfen und in die vorgewärmte Auflaufform geben. Darüber eine Lage Käse geben. Dies wird wiederholt, bis der Teig verbraucht ist. Ob man als letzte Schicht Käse hat und diesen noch mit Oberhitze goldgelb werden lässt, ist Geschmackssache.
Zum Schluss die gebräunten Zwiebeln auf den Kässpätzle verteilen und servieren. Dazu einen, mit einer Vinaigrette angemachten, grünen Salat und ein kühles Getränk oder Bier reichen.



Rezeptidee: Schwäbische Maultaschen (gerollt) in Brühe
Zutaten für 4 Personen
Für den Teig:
- 300 g Mehl
- 2 Eier
- Salz
- etwas Muskat, geriebener
- 50 ml Wasser (evtl. mehr oder weniger)
- 1 TL Öl
Für die Füllung:
- 1 Zwiebel
- viel Petersilie oder Bärlauch
- 1 Brötchen vom Vortag
- 1 EL Öl
- 250 g Blattspinat
- 250 g Brät oder Hackfleisch (oder beides gemischt), hier können auch unterschiedliche Fleischsorten genutzt werden, bspw. auch Wild
- 1 Prise Muskat, gerieben
- 1 Ei
- Salz und Pfeffer
Zur Brühe mit oder ohne Gemüseeinlage – je nach Geschmack als Topping – passt auch die Zwiebelschmelze (wie bei den Kässpätzle oben).
Benötigtes Equipment:
- Spritztülle für die Füllung
- Schlesinger zum Abstechen (gerollte Maultaschen)
- Kochlöffel zum Andrücken
- Kochtopf
Zubereitung:
Die Teigzutaten zu einem geschmeidigen Nudelteig kneten.
Für die Füllung Zwiebel schälen, Petersilie oder Bärlauch fein hacken. In heißem Öl glasig anschwitzen. Den Blattspinat kurz in heißes Wasser geben, kalt abschrecken und gut abtrocknen lassen (oder besser ausdrücken). Anschließend ebenfalls fein hacken. Das Brötchen in kaltem Wasser einweichen, gut ausdrücken (am besten in einem größeren Sieb) und verzupfen. Das Brät oder Hackfleisch mit dem Ei und den Gewürzen vermengen. Dann die anderen Zutaten dazugeben und alles gut vermischen.
Den Nudelteig auf bemehlter Fläche zu einer Bahn auswellen oder in kleinere Rechtecke schneiden je nach Variante:
Variante 1 (gerollt): Nudelteig zu einer Bahn ausrollen, Bahn mit Füllung mittig befüllen (ca. 1-2 cm hoch), einschlagen und dabei Lufteinschlüsse vermeiden; sollte ggf. die Bahn zu breit sein (es sollte maximal 2 Teiglagen aufeinanderliegen), Bahnbreite kürzen. Anschließend die Bahn mit dem Schlesinger in gleichmäßigen Abständen abstechen (diese Variante eignet sich am besten für große Mengen).
Variante 2 (geschlossen): Von der Füllung jeweils etwas auf eine Hälfte der Rechtecke verteilen, dann die andere Teighälfte darüber schlagen und erst leicht andrücken, damit die Luft entweicht, dann fest andrücken.
In reichlich kochendem Salzwasser aufkochen, dann bei kleiner Hitze gar ziehen lassen. Mit einem Schaumlöffel herausnehmen und abtropfen lassen oder direkt in einen Teller mit Brühe und Gemüseeinlage geben.
Es gibt viele verschiedene Maultaschenfüllungen. Erlaubt ist, was schmeckt. Ich habe schon Varianten mit Maroni, Wildfleisch und Ahornsirup zubereitet – sehr lecker!
Weitere Verwendung nach Belieben, z. B. als Suppeneinlage, in Butter angebraten, mit braunen Zwiebeln, in Ei gewendet und dann angebraten, mit Tomatensoße, auf Salat … – Dazu passt eigentlich immer schwäbischer Kartoffelsalat oder Rohkostsalate sowie ein kühles Getränk.
Guten Appetit!
Hier noch ein witziger Nachschlag aus der Maultaschen-Gerüchte-Küche:
Wussten Sie, dass sie auch „Herrgottsbscheißerle“ genannt werden?
Eine von mehreren Theorien, wie die schwäbische Maultasche erfunden wurde, verweist auf das Kloster Maulbronn. Eine Legende erzählt, dass gewitzte Ordensbrüder dort – als diese in der Fastenzeit Fleisch geschenkt bekommen hatten – dieses als gute Schwaben nicht verkommen lassen wollten. Um das Verbot, freitags und in der Fastenzeit Fleisch zu essen, zu umgehen, hackten sie das Fleisch ganz klein und vermengten es mit Kräutern. So sah es nach Gemüsepüree aus. Zudem wurde es noch in Taschen aus Nudelteig versteckt, damit es der Herrgott vom Himmel nicht sehen könne. Der „liebe Gott“ soll dabei augenzwinkernd zugesehen haben. Im Volksmund wurde dieses Gericht nach dem Klosternamen als “Maul”tasche bezeichnet und wird auch scherzhaft „Herrgottsbscheißerle“ genannt. Quelle: Wikipedia
Insider-Ausflugstipps für Genießer
Neben den Rezepten konnten wir Michael Höne auch noch ein paar Tipps für Genusstripps entlocken. Auf jeden Fall sollten Sie auf Spurensuche der Maultaschen im legendären Kloster Maulbronn gehen.

UNESCO-Weltkulturerbe, Kloster Maulbronn

- Nagoldtalsperre (mit mietbaren Kettcars, Badestrand, Wanderwegen, Gastronomie, Übernachtungsmöglichkeiten und vielem mehr). Hier geht´s zur Nagold Talsperre
- Geheim-Tipp“ für Familien – daher in den Sommerferien-Monate stark nachgefragt: Der Vergnügungspark Tripsdrill – Deutschlands erster Ferienpark seit 1929, in dritter Generation geführt, der mit authentischen Erlebnissen und Abenteuern lockt von „Schwaben 1880“ bis zu tollen Achterbahn-Touren. Alles mit lokalem Bezug, der sich in regionaler Bauweise und schwäbischer Küche widerspiegelt. Die Geschichte des Schwabenlandes unterhaltsam aufbereitet – dazu ein Wildparadies sowie ein Natur-Resort, das außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeiten in Baumhäusern und Schäferwagen anbietet: Homepage Tripsdrill
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